87 Jahre Bremer Film-Amateure e. V. (1931 – 2018)
Der Verein der Bremer Film-Amateure e.V. blickt auf eine kuriose Gründungsgeschichte zurück. Ein Schlittschuhclub leistete sich die erste Bremer
Kunsteisbahn. Um die Pirouetten und Kunstsprünge seiner Mitglieder auf der Leinwand betrachten zu können, schafften sie sich eine Filmkamera an.
Herr Oestmann war es, der sich als erster an diese Technik heranwagte. Siehe da, die Filme wurden sogar etwas und es dauerte nicht lange, bis sich weitere Mitglieder eine Kamera zulegten.
Wir schreiben das Jahr 1929: Die Herren Behrens, Borchers, Harms, Jung und Oestmann fanden sich zum 1. Treffen in den Bremer Ratsstuben zusammen. Es wurde ein Filmclub unter dem Namen „Arbeitsgruppe Bremen“ gegründet, Klubleiter wurde Herr Borchers, und man traf sich fortan regelmäßig im Klublokal „Hohenzollern“ 24.03.1931 erfolgte die Eintragung der Bremer Filmamateure e. V. in das „Vereinsregister-Bremen“. Es war damals die größte Kuriosität – vom Schlittschuh zur Kamera.
Gut besuchte Klubabende machten schnell die Verlegung der Treffen in die größeren Ratsstuben, dort im weißen Saal, erforderlich. Wichtig zu wissen, dass das Lokal sich auf mehreren Etagen befand. Und es gab dort einige Besonderheiten zu beachten. Licht und Musik des gesamten Lokals wurden z. B. zentral auf einer riesigen Schalttafel und einem Plattenspieler gesteuert, die sich bedauerlicherweise auf einer anderen Etage als der Klubraum befanden. Daher wurde auf Zuruf per Stafette das Licht im weißen Saal geschaltet. Wie gesagt, die Schalttafel war sehr groß, und dem zu Folge saßen auch mal die Gäste in anderen Räumen des Lokals unversehens im Dunkeln, wenn ein falscher Schalter erwischt wurde. Wir waren auch die ersten, die Filme mit Musikbegleitung von der Konserve vorführten. Die Musik lief seinerzeit, ebenfalls durch Zuruf per Stafette gesteuert, über die zentrale Musikanlage des Lokals. Da unsere Filmer bei den Vorführungen natürlich auf das jeweilige Filmthema angepasste Musik Wert legten, waren die Gäste in den übrigen Räumen der Ratsstuben nicht selten einigermaßen verwirrt über zahlreiche abrupte Wechsel der Musikstücke im Lokal.
Beginn der Wirtschaftskrise!
Viele Banken schließen, Massenentlassungen sind an der Tagesordnung, die Zahl der Arbeitslosen in Bremen steigt auf 47.271, die NSDAP macht sich in
Bremen breit und man singt: „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ und „Dein ist mein ganzes Herz“. Im Kino laufen die Filme – „Die 3 von der Tankstelle“ und „Land des Lächelns“
Beim Wettbewerb Gau Weser-Ems 1935 erhielten die BFA mehrere Auszeichnungen, z. B. für „Bauern im Teufelsmoor“ von Helmut Oestmann. Ein Film, der auch heute noch zu den wichtigen zeitgeschichtlichen Dokumenten gehört und sich im Landesfilmarchiv Bremen befindet. Die BFA e. V. machen Werbeveranstaltungen in Osnabrück, Oldenburg und Emden mit Vorträgen zur Technik und Filmgestaltung.
Zu Beginn des zweiten Weltkrieges brach der Klub teilweise auseinander und viele Mitglieder verließen Bremen. Filmkameras wurden konfisziert und die Filme der Mitglieder verbrannt. Sämtliche Habe des Klubs geht in den Kriegswirren unter.
Dr. Plock wird 1939 zum Klubleiter ernannt. Kriegsbedingt gibt es so gut wie kein Material mehr. Wir waren aber als e. V. Mitglied des 1927 gegründeten BDFA und damit auch der Reichsfilmkammer verbunden und konnten daher immer das Notwendigste besorgen. Im Klublokal wurden jedoch die Räume nicht mehr geheizt, daher fanden die Klubabende bei Dr. Plock zu Hause in seinem großen Wintergarten statt. Dort entstanden auch zahlreiche Filme.
Dr. Plock wird 1942 von Bremen abberufen und Herr Georg Winter übernimmt den Posten des Klubleiters, doch er stirbt noch vor Kriegsende. Allerdings sind die BFA ziemlich zäh, auch ein Weltkrieg kann ihnen nichts anhaben. Nach Kriegsende 1945 bis 1950 sammelt Helmut Oestmann alle greifbaren Mitglieder und reaktivierte wieder das Vereinsleben, das nun ganz der Filmleidenschaft gewidmet wurde. Man drehte zahlreiche Gemeinschaftsfilme wie z.B. den Film „Petri Heil“. Auch der BDFA wurde wieder neu belebt. Die erste Tagung fand mit 18 Klubleitern statt und der erste Wettbewerb mit ganzen 8 Filmen. Glückliche Jury.
Von 1946 bis 1958 übernahm H. Hachenburg als erster Vorsitzender die Leitung der Bremer Filmamateure. Am 24. 3. 1956 wurde das 25 Jährige Bestehen der BFA im goldenen Saal der Böttcherstraße gefeiert. Man war seinerzeit verständlicherweise dem Feiern von Festen noch wesentlich mehr zugetan als heute, wo ohnehin ein „Event“ das nächste jagt, und der Bremer Senat und Sponsoren waren noch spendabel. Auch standen jede Menge repräsentativer Räume für große Veranstaltungen zur Verfügung, und das Wort „Saalmiete“ kam im Sprachschatz der Hansestadt-Gastronomie nicht vor.
1958 zählte der Verein bereits 11 Mitglieder bei einem Jahresbeitrag von 24,00 DM.
1959 wird Günter Nitzer 1. Vorsitzender, von uns allen nur „Papa Nitzer“ genannt. Er verstand es, die kürzeste Hauptversammlung aller Zeiten zu moderieren: „Hiermit eröffne ich die Versammlung, wir sind beschlussfähig, es gibt keine Probleme, ihr habt ja wohl keine Fragen, damit schließe ich die Versammlung. So, nun lasst uns ordentlich einen trinken.“ Es entstehen aber auch zahlreiche Gemeinschaftsfilme, z. B. „Flughafenatmosphäre“, „Die schwimmende Schule“, ein Film über den Besuch des thailändischen Herrscherpaares in Bremen, und in den Folgejahren zahlreiche weitere Filme. Zu der Zeit waren wir noch fleißig, wobei sich der Eifer auf das Filmen selbst und nicht auf die Beherrschung von Geräten mit Bedienungsanleitungen beschränkte, die mehr als das Gerät selbst wogen.
1971 haben wir Bremer Filmamateure zu unserem 40. Geburtstag wie auch schon 1968 den Regionalen-Filmwettbewerb in unserer schönen Stadt Bremen ausgerichtet. Viele Gäste aus Politik und Gesellschaft gaben sich die Ehre.
1973 schreibt die Bremer Presse: Die BFA e. V. drehen jährlich 150 Streifen und haben keinerlei Nachwuchssorgen. Jaja, damals!
1981, die BFA e. V. werden 50 Jahre alt, wir haben mit 68 Mitgliedern den höchsten Mitgliederstand aller Zeiten. Und wir haben die DAFF 81 ausgerichtet. Während der zweijährigen Vorbereitung erwies sich einmal mehr der unvergessene Werner Hamann als ständiger Antreiber. Wir konnten, meist auf Grund persönlicher Beziehungen, zahlreiche Sponsoren mobilisieren und den Gästen eine DAFF bieten, die auch nach 25 Jahren vielen noch in sehr guter Erinnerung ist. Andere Filmklubs in Bremen stammen direkt oder indirekt von den ehemaligen Gründermitgliedern der Bremer Filmamateure ab.
1981 tauchen auch die ersten Videofilmer auf, meist zu Dritt oder zu Viert wegen der umfangreichen Ausrüstung. Und wir lachten, weil die zum Teil mit einem Hackenporsche umherfuhren, auf dem der Recorder mit etlichen Kilo Akku untergebracht war. Die Kamera hing an vier Metern Kabel an diesem der Recorder. Einer filmte, einer schob und einer passte auf, dass niemand über das Kabel fiel.
Aber wie jedermann weiß, nahm Video eine dermaßen rasante Entwicklung an, dass sogar die ärgsten Spötter in unseren Reihen zu wahren Video-Enthusiasten wurden. Unser langjähriger Klubleiter und Ehrenmitglied Dr. Plock z. B. sagte anfangs: „Blödsinn, das wird nie im Leben was. Alles Quatsch.“ Und er war der Erste in unserem Klub, der mit Video filmte und sich mit ganzem Herzen für dessen Verbreitung einsetzte. Und er war auch der Erste mit einem Digitalcamcorder.
Als dann 1982 Werner Hamann unseren Klub übernahm, war für uns oberste Priorität das Filmen. Werner war stets der Motor, der uns im Trab hielt. Sein Motto war immer nur: „Filme machen“! Egal ob mit Video oder auf Zelluloid. Wir haben uns trotz aller Schwierigkeiten bemüht, dem S – 8 – Film auch weiterhin ein Forum zu geben. Heute ist es, wegen der fehlenden Ersatzteilversorgung ungebührlich schwer, S – 8 weiterhin zu betreiben. So ging der Trend immer mehr zu Video. Die BFA haben mit Gemeinschaftsfilmen auf diesem Medium ihre bislang größten Erfolge erzielt. Man denke nur an „Meine Schwester ist an allen Schuld“ oder „ETA“.
Einen festen Clubraum für unsere Clubabende fand der Verein erst 1983 in den Räumen vom Gollander Krug. Eine Wandtafel prang an der Hauswand und weist auf unseren Verein hin.
Dieser Vers wurde 1996 von Dr. Carl-Hans Plock als Danksagung von den Bremer Filmamateuren an das Haus Robben verfasst. Einen Ehrenplatz fand dieser Vers im Schankraum des Grollander Krug und der darin erwähnte Hahn prangt noch heute über dem Eingang.
Im Jahr 2000 wurde der 1. Vorsitzende Werner Hamann durch Peter Mechnik abgelöst, der ihn seit dem Frühjahr 1999 wegen seines Ablebens vertreten musste. Er hatte bis dahin 16 Jahre das Amt des 2. Vorsitzenden ausgeübt und konnte seine Erfahrungen und Kenntnisse noch mehr in den Klub einbringen.
2006, im Jahr unseres 75 jährigen Bestehens, haben wir 40 Mitglieder, die nahezu alle mit dem Medium Video vertraut sind und ihre Filme am PC oder mit Casablanca bearbeiten. Wir bemühen uns, dem technischen Fortschritt aufgeschlossen gegenüber zu treten, uns aber von der Technik nicht vereinnahmen zu lassen. Ohne Vereinsmeierei hat bei uns im Klub die menschliche Begegnung Vorrang vor allen anderen Belangen. Allerdings plagen uns, wie nahezu alle Vereine, erhebliche Nachwuchssorgen. Unser Durchschnittsalter beträgt 71 Jahre. Junge Leute zu gewinnen, ist heute außerordentlich schwer.
Wir arbeiten stets daran, uns nach außen zu öffnen, unter anderem auch mit der inzwischen 33 Jahre laufenden Bremer Kurzfilmschau, und pflegen unsere Verbindungen zu Radio Bremen und dem Landersfilmarchiv Bremen (LIS).
Im Juli 2011 trat Wolfgang Janza bei den Bremer Filmamateuren ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon viel Filmerfahrung gesammelt. Seine Filmlehre begann als Jugendlicher im Alter von 16 Jahren als Mitglied in einem Peiner Filmclub. Auf Grund seines filmischen Talentes und Engagements war er ein Gewinn für den Verein. Im Januar 2016 löste er Peter Mechnik ab und wurde zum 1. Vorsitzenden der Bremer Filmamateure gewählt. Im Gegensatz zu 1981, als wir noch 60 Mitglieder hatten, zählen wir zurzeit noch 16 Mitglieder, wobei die Tendenz durch Alter und Gesundheit weiter stagnierend ist.
Durch unsere Altersstruktur hat sich die Zahl der noch wirklich aktiven Mitglieder leider auf 6 reduziert. Unsere Teilnahme an Wettbewerben auf Landes- und Bundesebene ist aber weiterhin ungebrochen.
Der Verein ist unter dem Namen „Bremer Filmamateure e.V. in der Vergangenheit sehr bekannt geworden und ist nun schon 87 Jahre alt. Der Klubbeitrag beträgt zurzeit 75,00 €, und das Durchschnittsalter unserer Mitglieder betrug im Januar 2018 stolze 60++ Jahre. Junge Leute sind im Zeitalter von Smartphone, iPad und Co. kaum noch zu gewinnen und zu motivieren. Die Smartphones mit ihren hochauflösenden Kameras haben bereits die Regie übernommen. Filmer die mit einer Videokamera herumlaufen sind heute eine Seltenheit geworden. Auf Grund des hohen Mitgliederalters haben bei uns einige Mitglieder ihre filmischen Aktivitäten eingestellt und den digitalen Techniksprung nicht mehr mitgemacht. Aktive Autoren haben wir zur Zeit nur noch wenige, die ihre Filme in Full-HD aufzeichnen und bearbeiten. Doch einige von uns stehen dem Fortschritt auch sehr offen gegenüber. So hat sich unser 1. Vorsitzender an die Technik für Luftaufnahmen mit einer Kameradrohne gewagt, wodurch sich ihm sensationelle Perspektiven eröffnet haben.
Für die Filmbearbeitung verwenden wir zurzeit die Programme MAGIX-Video Deluxe, Adobe Premiere CS, Final Cut und Casablanca. Die Firmen Sony, Panasonic und Canon haben uns Kameramodelle mit der neusten 4K Aufzeichnung beschert, was wiederum unsere Schnittrechner in die Knie zwingt. Der Kreislauf wurde so wieder einmal zwischen Hard- und Software geschlossen und nagt an den Geldbeuteln derer die diese Entwicklung mitmachen wollen. Was uns die Zukunft bringen wird sei jetzt wieder einmal abzuwarten, genau wie damals bei der Einführung von Video.
Zur Zeit läuft in den Kinos „Star Wars – Die letzten Jedi“ und das schon in 3D-Technik. Ja, heute kommen die Protagonisten schon aus der Leinwand und dem Fernseher gesprungen und sind zum Greifen nahe.
Im Dezember 2019 wurde aus Wuhan in China die Welt mit einer CORONA – Pandemie (COVID-19) verseucht. Die Epidemie erreichte Deutschland im Februar 2020 wodurch viele Menschen infiziert wurden und starben. Die Regierung schränkte daraufhin das öffentliche Leben drastisch ein und unsere Klubabende wurden bis auf Weiteres eingestellt. Der kriegsähnliche Zustand auf der ganzen Welt hat uns gezeigt, wie verletzlich wir Menschen wirklich sind. Erfreulich war aber, dass wir von unseren derzeit noch 15 Mitgliedern durch die Pandemie keine Verluste zu beklagen hatten. Nach den ersten Lockerungen und Vorgaben nach dem Infektionsschutzgesetz konnten wir unsere Klubabende erst am 20.05.2020 wieder fortsetzen.
Auch die zweite Welle der Corona-Pandemie überrollte die Welt ab Oktober 2020 und wir mussten aus Sicherheitsgründen unsere Klubabende bis ins neue Jahr auf ungewisse Zeit ausfallen lassen. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und so setzten wir diese auf das Jahr 2021 und den schnell entwickelten Impfstoffen gegen das Virus. Leider kam es anders als gehofft und uns erwischte die dritte Corona-Welle. Am 16. Juni 2021 konnten wir erstmals unsere Klubabende wieder aufnehmen. Leider ist unsere Mitgliederzahl zu Beginn des Jahres 2021 auf 14 gesunken und auf Grund unserer nachlassenden Aktivitäten im Bundesverband Deutscher Filmautoren e.V. haben wir nach 85 Jahre Mitgliedschaft den BDFA verlassen.
Am 24. März 2021 hatten wir unseren 90. Geburtstag, den wir leider Corona bedingt nicht feiern konnten. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Da an unserer öffentlichen Bremer Kurzfilmschau bei den Amateurfilmern leider kein Interesse mehr bestand, mussten wir diese Traditionsveranstaltung nach 36 Jahren einstellen. Auch hier spiegelt sich das rückläufige Interesse an diesem Hobby wieder.
Wie erwartet hat uns nach den Sommerferien doch noch die vierte und heftigere Corona-Welle getroffen. Da unsere Mitglieder alle durchgeimpft waren, konnten wir gerade noch unseren 90. Geburtstag am 1. Dezember 2021 feiern. Zu Weihnachten gingen wir mit der neuen Omikron-Variante aus Süd-Afrika stufenlos in die nächste Welle über. Zum 3. Mal mussten wir wegen der noch größeren Ansteckungsgefahr vorsorglich unsere Klubabende ab Januar 2022 wieder ausfallen lassen und konnten erst am 13. April wieder beginnen.
Wir werden uns trotz allem technischen Fortschritt, vielen Veränderungen und Geschehnissen weiter gegenseitig um unsere Filmfreunde bemühen und die menschliche Begegnung und das Miteinander ebenso fördern wie unsere Kreativität mit dem wohl schönsten Hobby der Welt, dem Filmen.
Bild u. Text: WK-1984 / W. Janza
Aktualisiert: 28.12.2021